10/22/2016

rhythm of the night

Ich frag mich oft, wie ein Mensch mir so den Kopf verdrehen kann. Wie du aus Nichtstun, für mich oft den ganzen Tag ausmachst. Dann fliehe ich mich in die Nacht, mit 50 km/h auf dem Tachometer. Alles zieht vorbei. Lichter verzerren, vermischen dabei. Meine Lieblingslieder klirren aus den viel zu schlechten Autoboxen. Meine Symphonie der Nacht. Ohne Zuschauer, es braucht keinen Beifall. Meine Dreiviertel Stunde Auszeit.

Auf den letzten Metern, werde ich langsam. Gehe in mich, atme durch. Ich würde gerne weiter fliehen, mit dem schönsten Lied der Welt im Loop. Vor dir. Vor mir. Und wenn der Motor ausgeht, komme ich an im Hier und Jetzt. Du verdrehst wieder meinen Kopf und ich mach mich selbst verrückt. Ich kann förmlich spüren, wie du still und leise durch meine Stirn schlüpfst.

Dann Licht. Dann Dunkel. Dann Glut. Rauch steigt auf. Windet sich durch's gedimmte Gartenlicht. Und wenn er sich dann kurz vor dem Dachgiebel langsam auflöst, hoffe ich, dass du bleibst. Oder mit mir fliehst. Zu mindestens greifbar wirst. Denn im Moment bist du eben nur der Qualm, welcher mich süchtig werden lässt. Und wenn er mich dann verlässt, habe ich nichts, außer einen bitteren Geschmack im Mund und 10 Minuten weniger zu leben. Dann Schnipp.

Und wenn das Schloss schließt, meine Zimmertür knarrt und mein Laminat knackt, weiß ich, dass ich zu Hause bin. Ich bin müde, ahne jedoch, dass ich nicht schlafen werde. Ich bin schließlich Komponist, meiner nächsten Symphonie der Nacht. Ich lächle. Und wenn du dann von innen gegen meine Schädeldecke klopfst. Ist das einzige was ich will, einen Platz in der ersten Reihe für dich zu reservieren.



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thanks for reading and the long timeout, 
js





8/22/2015

two faces.

Er wusste, dass Niederlagen zum Sieg dazu gehören. Wusste, dass starke Niederschläge irgendwann Sonne mit sich bringen. Er wusste sogar, dass alles Glück der Welt sich nicht am Materiellem misst, sondern an Erinnerungen und Gefühlen, die man anderen schenkt oder als Gegenzug bekommt.
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Er hat die ganze Zeit gekämpft. Nicht im Krieg, nicht mit Fäusten, auch nicht im Ring. Er kämpfte sich durchs Leben, wo auch immer, egal zu welcher Zeit. Nicht den besten Schulabschluss gehabt, hatte nie den perfekten Studienplatz. Keine Kontakte nach oben, oder viel Geld zum nach oben kaufen. Er hatte Glauben, Familie und Freunde, das reichte ihm aus, um seinen Weg zu gehen. Er träumte nachts heimlich, von Frau, Kindern und einem kleinen Haus. Irgendwohin weg, aus dem Stadttrubel hinaus. Und Tag ein Tag aus, ging er seinen weg geradewegs hinaus.

Er wusste, dass Niederlagen zum Sieg dazu gehören. Wusste, dass starke Niederschläge irgendwann Sonne mit sich bringen. Er wusste sogar, dass alles Glück der Welt sich nicht am Materiellem misst, sondern an Erinnerungen und Gefühlen, die man anderen schenkt oder als Gegenzug bekommt. Und er fand es.

Er fand die Frau seines Lebens, er baute mit ihr das Haus in dem sein Leben stattfinden sollte und schenkte seinen Kindern neues Leben. Er war so stolz, was er alles erreicht hatte, war so stolz mit eigener Kraft, Dinge bewegt zu haben und am Ende sogar Menschen, die zu ihm aufblickten. Und jeden Tag schaute er in seinen Garten und erinnerte sich, wofür er so lange gekämpft hatte, wofür es sich lohnte weiter zu machen. Er atmete tief ein und aus und die Welt war für ein paar Sekunden perfekt. Nicht überall, nicht bei jedem und vielleicht nicht einmal ein Haus weiter. Nur für ihn, ganz allein und das hatte er sich verdient.

Jahre vergingen. Frau und Kinder wurden älter, das Haus bekam die ersten Blessuren. Auch der Job wechselte. Er tauschte Zeit gegen Geld. Geld für die Erziehung der Kinder, Geld für seine Frau, Geld für Reparaturen und Ausbesserungen am Haus. Doch das war es ihm wert, denn er dachte sich, solange er nach Hause kam, seine Kinder ihm ein Lächeln schenkten, sein Sohn stolz vom Fußball erzählte und seine Frau ihm eine zärtliche Umarmung gab, konnte es nicht verkehrt sein. Diese Augenblicke waren für ihn unbezahlbar, doch Wohlstand und Lebensstandard, lassen sich ohne Geld nicht halten, also ging es wieder vier Stunden auf die Autobahn, quer durch Deutschland zum nächsten Termin. Er wusste, was er zurück ließ, wusste was seine Frau ohne ihn schaffen musste, doch nahm es in Kauf.

Im war bewusst, das in dieser Gesellschaft Emotionen und Gefühle unterdrückt werden müssen, um Profit und Leistung zu erzielen. Insgeheim fühlte er sich allein, war auf sich gestellt, musste sich selbst verstellen. Die Freizeit die er privat nicht mehr hatte, füllten die Pausen des Jobs. Es gab Frauen hier und da, Hotel-Romanzen für eine Nacht, bedeutungslos, jedenfalls vorerst. Irgendwann wusste er nicht mehr, was wahr was falsch, was Fassade oder Realität war, verlor die Balance, das Gleichgewicht zwischen ernst und banal. Er verzweifelte. So auch seine Frau, die mitbekam, das irgendwas nicht stimmte, nicht mit rechten Dingen zuging.

Sie verlor das Vertrauen, er die Liebe. Sie verlor die Hoffnung, er das Kämpfen. Sie verlor ihren Mann, er seine Familie. Und er ging. Tauschte den One-Night-Stand gegen seine Frau. Tauschte das Unbekannte gegen seine Kinder. Tauschte die Zweiraumwohnung gegen sein Haus. Er gab auf, gab sich kampflos geschlagen, ohne Plan, ohne Gewissen, ohne Reife.

Alles was blieb waren Erinnerungen, vom aufrichtigen Mann, der in all die Schatten Licht zu bringen wusste, doch im ganzen Licht, seinen Schatten nicht mehr fand.

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A big sorry for the long timeout, needed some time for inspiration, hope you'll understand!
A million thanks for reading, yours js.